Hamburg, am 16. Juni 2021 – Allergien gehören inzwischen zu den häufigsten chronischen Erkrankungen, sie werden allerdings nicht immer als solche erkannt und entsprechend behandelt. Dabei bedeuten allergische Erkrankungen für die Betroffenen eine erhebliche Belastung ihrer Gesundheit und ihrer Leistungsfähigkeit, und sie können Folgeerkrankungen nach sich ziehen. Unbehandelte Hausstaubmilben-Allergien beispielsweise können zu Asthma mit teils irreversiblen Veränderungen der Atemwege führen.
Prof. Dr. Natalija Novak (Rheinische-Friedrich-Wilhelms Universität, Bonn) erläuterte die Vorteile der AIT für Patienten und Ärzte und erklärte, wann eine AIT für Allergie-Patienten infrage kommt: „Patienten mit moderater Rhinitis und/oder Rhinokonjunktivitis mit und ohne Asthma, das durch Aeroallergene ausgelöst ist und auf symptomatisch wirkende Therapien nicht anspricht, können wir gut mit einer AIT behandeln. Sie profitieren von dieser kausalen Therapie, denn sie wirkt direkt auf das Immunsystem und trainiert es, so dass die Allergiesymptome im Laufe der Zeit immer weniger werden und ein Fortschreiten der Erkrankung verhindert werden kann.“
Einfach und flexibel durchführbar: AIT im Home Treatment
Dabei biete die sublinguale AIT mit Tabletten, die die Patienten selbst im Home Treatment durchführten, viele Vorteile. „Die Therapie muss über einen Zeitraum von drei Jahren durchgeführt werden“, so Novak. „Da ist das Home Treatment mit Tabletten praktisch, denn der Patient muss im Schnitt nur einmal im Quartal zum Arzt. Das reduziert – wichtig in Corona-Zeiten – auch die Anzahl der Patientenkontakte in der Praxis.“ Die Therapie mit Allergen-Tabletten kann einfach und flexibel jederzeit von den Patienten umgesetzt werden. Auch Patienten, die auf mehrere Allergene reagieren, können parallel auch mit mehreren Allergen-Tabletten therapiert werden.
Hausstaubmilbenallergien: Häufig nicht erkannt – Asthma als Folge
Eine Allergie, die häufig übersehen oder als Erkältung missverstanden wird, ist die Allergie gegen Hausstaubmilben. PD Dr. Matthias Krüll (Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, Berlin) erläuterte die Risiken, die davon ausgehen: „Die Hausstaubmilbenallergie führt unbehandelt oft zu einem Asthma bronchiale. Daran leiden allein in Europa aktuell ca. 70 Millionen Menschen.“ Asthma führt zu Veränderungen in den Atemwegen und erheblichen Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität. Rechtzeitig erkannt und richtig behandelt, könne dieser „Etagenwechsel“ jedoch vermieden werden.
Allergie-Immuntherapie beugt zugleich Asthma vor
Mit einer AIT können auch hier die Ursachen behandelt werden. „Eine Allergie-Immuntherapie kann ursächlich auf die Hausstaubmilbenallergie wirken, ihre Symptome verbessern und zugleich dem Entstehen des Asthmas vorbeugen“, erklärte Krüll. „Neuere Studien belegen zudem, dass die AIT auch bereits bestehendes Asthma positiv beeinflussen kann und die Häufigkeit von Asthma-Exazerbationen reduziert wird.“
Therapieallergene-Verordnung (TAV): Noch immer 61 Therapieallergene ohne Zulassung am Markt
Für den Therapieerfolg der AIT wesentlich sind die verwendeten Therapieallergene. Dazu wurde bereits im Jahr 2008 die Therapieallergene-Verordnung erlassen, die Therapieallergene einer Zulassungspflicht unterwirft. „Von ursprünglich mehr als 6.600 individuellen Rezepturen für die AIT wurde für 123 die Zulassung beantragt“, berichtete Dr. Andreas Horn (Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Heidelberg). „Bis heute – 13 Jahre nach Beginn der TAV – sind noch immer 61 Produkte ohne Zulassung am Markt und werden tagtäglich für Patienten verordnet – obwohl es zugelassene Alternativen mit behördlich bestätigter Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit für alle häufigen Allergene (Gräser, Frühblüher, Milben) in beiden Applikationsformen (SCIT und SLIT) gibt.“
Einsatz zugelassener Therapieallergene: Wendepunkt der Allergietherapie
Nur zugelassene Therapieallergene sind behördlich auf Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit geprüft, ihre Evidenzlage gilt als gesichert. „Umso bedeutsamer ist es, dass für dieses Jahr erstmals zwischen GKV-Spitzenverband und Kassenärztlicher Bundesvereinigung Rahmenvorgaben für Therapieallergene vereinbart wurden,“ erklärte Horn.
Danach sollen Ärzte bei Neueinstellungen zugelassene Therapieallergene einsetzen, sofern diese in gleicher Darreichungsform zur Verfügung stehen. „Diese Vereinbarung wurde in den meisten Bundesländern inzwischen in die regionalen Arzneimittel-Vereinbarungen umgesetzt“, sagte Horn. „Das ist nicht weniger als ein Wendepunkt in der Allergietherapie und wird zu einer erheblichen Verbesserung der Therapie-Situation im Allergen-Markt und damit der Patientenversorgung beitragen.“